Sportgerichtsurteil nach Spielabbruch in der KOL der Frauen
Das Sportgericht des KFA Jena-Saale-Orla hat in der Sportrechtssache: Spielabbruch in der 83. Minute des Pflichtspieles der Frauen Nr. 650249096 am 14.04.2016 SV Grün Weiß Tanna gegen 1. FC Greiz, in einer mündlichen Verhandlung am 26.04.2016 in Schleiz durch seinen Vorsitzenden, Spfrd. H.-J. Kammacher (Triptis) sowie den Beisitzern Spfrd. Klaus Günther (Krölpa) und Spfrd. Torsten Keil (Gahma) entschieden und für Recht erkannt:
1. Der SV G/W Tanna wird im o.g. Pflichtspiel ein verschuldeter Spielabbruch zur Last gelegt. Dies resultiert aus der Spielordnung des TFV § 8 Ziffer 12, dem § 9 Ziffer 6 und Ziffer 1. Somit ist nach der Rechts- und Verfahrensordnung des TFV § 43 (7) eine Spielwertung vorzunehmen. Das o.g. Spiel ist für die SV G/W Tanna Frauen mit 0 Punkten und 0 : 2 Toren als verloren und für den 1. FC Greiz mit 3 Punkten und 2 : 0 Toren als gewonnen zu werten. Der Staffelleiter Dirk Hergt veranlasst die erforderlichen Korrekturen.
2. Entsprechend der Rechts- und Verfahrensordnung des TFV § 43 (7) wird gegen den Verein SV G/W Tanna weiterhin ein Strafgeld von 50,00 € ausgesprochen.
3. Die Kosten des Verfahrens gehen zulasten der SV G/W Tanna in Höhe von 122,00 €. Für den Gesamtbetrag von 172,00 € gilt dieser als sportrechtlich haftender Verein.
4. Wegen dem Verstoß deutlich gekennzeichnete Ordner zu stellen, wird dem Verein SV G/W Tanna nach SPO § 9 Ziffer 4 eine Verwarnung ausgesprochen.
Gründe:
Das Sportgericht hat die Vorkommnisse in einer mündlichen Verhandlung am 26.04.2016 in Schleiz bewertet und entschieden. Zu der Verhandlung waren der Schiedsrichter, seitens G/W Tanna der Spfrd. D. W. und vom 1. FC Greiz die Spfrd. P. Wünsch sowie B. Kurz erschienen.
Die SV G/W Tanna stellte in der Stellungnahme den Antrag, das Spiel für Tanna zu werten, da sie Greiz für den Spielabbruch verantwortlich machten.
Der 1. FC Greiz stellte zu Beginn der Verhandlung den Antrag, die Wertung des Spieles für Greiz vorzunehmen. Sie sahen bei Tanna das Verschulden des Spielabbruches.
In der Befragung konnte zunächst Tanna seinen Antrag erläutern und den Sachverhalt aus Tannaer Sicht schildern. Anschließend die gleiche Schilderung seitens des 1. FC Greiz. Zuletzt erläuterte der Schiedsrichter den Ablauf aus seiner Sicht und ging auf Äußerungen beider Mannschaften ein.
Das Spiel wurde in Tanna auf dem mit einem Käfig umzäunten Kunstrasenplatz auf verkürztem Großfeld ausgetragen. Zunächst hat der Schiedsrichter in der Kabine das Ordnerbuch geprüft und es waren die Spfrd. T. L. und Herr S. vermerkt. Der Schiedsrichter hat nach seiner Aussage gegenüber dem Trainer und einer Spielerin von Tanna bemerkt, dass die Ordner mit den gelben Westen ausgestattet werden sollen. Dies ist ebenfalls im Schiedsrichterbericht vermerkt. Das Anlegen hat er nicht kontrolliert bzw. durchgesetzt. Das Spiel lief zunächst ruhig ab, die Spielerinnen bereiteten ihm keinerlei Probleme. Es blieb bis zum Abbruch torlos, was für Greiz gegen die Spitzenmannschaft von Tanna ein gutes Ergebnis darstellte.
Die ersten negativen Begleiterscheinungen ergaben sich für Tanna, als die Greizer Torhüterin den Ball aus ihrer Sicht des Heimvereines viel zu langsam zurückholte. Der Schiedsrichter bestätigte diese Sicht nur sehr eingeschränkt. Einmal forderte er per Handzeichen zu einem größeren Tempo auf und dann hat er das Recht für sich genommen, bei der Nachspielzeit zulegen zu können. Dies sind Tatsachenentscheidungen und müssen dementsprechend akzeptiert werden. Tanna wollte das Geschehen beschleunigen und es ging in der 1. Halbzeit der Trainer von Tanna hinter das Greizer Tor. Da er neben dem Ballholen auch lautstark coachte, wurde er zunächst ermahnt und kurz vor der Halbzeit in seine Coachingzone geschickt. Dies ging ohne nennenswerte Probleme vonstatten.
Der Platz hinter der Greizer Torhüterin war aber begehrt. Am Anfang der 2. Halbzeit ging, für den Schiedsrichter eine Fotografin, die er Tanna zuordnete, in diesem Bereich. Die Greizer Torfrau monierte, dass sie die Situation so nervt. Nachdem der Schiedsrichter dies vernahm, schickte er die Person, die die Ordnerin T. L. war, ebenfalls weg. Die Frau T. L. war aber nirgends als Ordnerin gekennzeichnet, sodass der Schiedsrichter auch keinen Zusammenhang herstellen konnte. Gleichfalls gehört der Ordner nicht zu dem Personenkreis, der sich permanent im Innenraum entsprechend SPO § 9 Zi 6 aufhalten darf.
Inzwischen ging das Spiel auf dem Feld und um den begehrten Platz hinter dem Greizer Tor weiter. Als nächstes wollten Spielerinnen von Tanna diesen Platz an der Sonne. Auf dem Weg dorthin wurden sie aber vom Schiedsrichter hinter das eigene Tor geschickt. Nach diesen, für den Schiedsrichter sicherlich nervenden Vorgängen, zumal ohne Unterstützung seitens Tanna, begann etwa 10 Minuten vor Spielende die eigentliche Problemsituation in Person von Herrn S. Natürlich beanspruchte auch er den Raum hinter der Greizer Torhüterin, der inzwischen für Tannaer Vereinsangehörige völlig tabu sein sollte. Es dauerte nicht lange und der Schiedsrichter unterbrach das Spiel vor einem Einwurf, um auch diese Person hinter dem Tor zu entfernen. Zum Problem wurde seine Weigerung, der Anweisung des Schiedsrichters Folge zu leisten. Er äußerte: „er wäre Zuschauer und dürfte überall stehen“. In der anschließenden Diskussion gab es kein Einsehen, da er der Meinung war: „er stünde nicht auf dem Sportplatz und hätte das Recht dort zu stehen“. Da der Schiedsrichter keine Möglichkeit sah, dass seiner Anweisung Folge geleistet wird, ging er zur Bank von Tanna. Er forderte auf, dass ein Ordner die Person entfernen sollte. Daraufhin wurde dem Schiri mitgeteilt, dass die Person der Ordner Herr S. selbst ist. Auch er war in keiner Weise gekennzeichnet und stellte sich auch nicht als Ordner dar. Da inzwischen wenige Fortschritte in dem Sachverhalt vom Schiedsrichter erkennbar waren, bzw. auch niemand vom Verein Hilfe anbot, gab er zu verstehen, dass er nach einer kurzen Bedenkzeit das Spiel abbrechen würde. Auch diese Zeit verstrich ohne das Tannaer Funktionäre in das Geschehen eingegriffen hätten bzw. Herr S. in der Diskussions- und Bedenkzeit den Innenraum verlassen hätte. Daraufhin brach der Schiedsrichter per festgelegter Handzeichenregelung das Spiel ab. Eine Greizer Spielerin, als Schiedsrichter ausgebildet, verstand sofort die Situation und gab den Spielabbruch innerhalb der Greizer Mannschaft bekannt.
Der Schiedsrichter ging daraufhin in seine Kabine im Funktionsgebäude. Die Mannschaften blieben noch eine Weile auf dem Platz und waren vom Spielabbruch überrascht. Das Sportgericht wertet das Geschehen entsprechend der Spielordnung § 8 Ziffer 12: „Ein Schiedsrichter ist berechtigt, in folgenden Fällen … ein Spiel abzubrechen:
- …
- Nichtbefolgen von Weisungen
- …
Auch wenn ein Spielabbruch immer eine sehr harte Entscheidung darstellt, gab es an der Berechtigung für die Sportrichter keine Zweifel. Einige Zeit später wurde vom Sportfreund D. W. (Tanna) der Schiedsrichter zur Diskussion gebeten. Nach einem versuchten Telefonat war er dazu bereit. Inzwischen kam zu dem Gespräch auch der Spfrd. A. (Tanna) hinzu. Ziel des Gespräches war seitens Tanna, das abgebrochene Spiel fortzusetzen und zu beenden. Ein Vertreter von Greiz war zu dem Gespräch nicht zugegen. Auf die Frage warum dies nicht geschehen ist, meinte Spfrd. D. W. „dies vergessen zu haben, da man noch nicht soviel Erfahrung bei Spielabbrüchen habe“. Der Schiedsrichter wäre zur Spielfortsetzung bereit gewesen, wenn auch Greiz zustimmt. In der Folge wurde Greiz über den Trainer befragt. Der Trainer legte aus verschiedenen Gründen dar, dass der Verein und die Spielerinnen dazu nach der inzwischen abgelaufenen Zeit nicht mehr bereit waren. Diese Aussage wertet Tanna, dass nicht der Schiedsrichter das Spiel abgebrochen hat, sondern Greiz dafür verantwortlich ist, dass das Spiel nicht beendet wurde. Daraus geht der Anspruch hervor, das Spiel für Tanna zu werten. Der Greizer Trainer legte als Hauptgrund für seine Weigerung der Spielfortsetzung dar, dass das Spiel von seinen Spielerinnen sehr viel Konzentration erfordert hätte. In der Folgezeit ist diese Spannung abgefallen und er sah sich nicht in der Lage, durch eine gezielte Spielvorbereitung diese wieder aufzubauen. Das Sportgericht hat nicht zu entscheiden, ob dies die sportlich beste Lösung gewesen ist, nimmt es als Tatsachenentscheidung hin.
Den Spielabbruch muss allein dem Verein von Tanna zugerechnet werden. Entsprechend der Spielordnung § 9 Ziffer 1 und der Rechts- und Verfahrensordnung des TFV § 3 (2) sind die Platzvereine für die Einhaltung von Ordnung und Sicherheit verantwortlich. Dazu sind sie auch für das Verhalten ihrer … Offiziellen, Mitarbeiter, Zuschauer … verantwortlich. Nach dem Gespräch mit dem Schiedsrichter stellte der Sportfreund D. W. heraus, dass bei einer Spielfortsetzung (nach dem Abbruch) er dafür sorgen würde, dass niemand mehr in der Zone hinter dem Greizer Tor stehen würde. Es wirft die Frage auf, warum dies erst nach dem Spielabbruch angeboten wurde. Mit einer solchen Maßnahme nach der 1. Halbzeit wäre der Spielabbruch vermeidbar gewesen.
Die Bewertung der Strafe im finanziellen Bereich bewegt sich deutlich im unteren Level. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass bei der Ursache des Spielabbruches kein schweres Vergehen (z. B. Gewalt o.ä) zu Grunde liegt. Deshalb kam auch ein weiterer Punktabspruch nicht in Frage. Damit hält das Sportgericht die im Urteil aufgeführten Strafen für schuld- und tatangemessen.
Zuletzt wurde im Urteil gegenüber Tanna eine Verwarnung ausgesprochen. Diese erfolgte, weil trotz Ermahnung seitens des Schiedsrichters keine deutlich gekennzeichnete Ordner vorhanden waren. Welchen Folgen und Verwicklungen sich daraus ergeben können, zeigt der vorliegende Fall deutlich.