Jena-SOK-Obmann hat stets das große Ganze im Blick

Erstes Spiel in geborgten Klamotten

Tarik El-Hallag (mi.) mit Konrad Schaarschmidt(li.) und Dirk Läsker(re.)

Jena. „Ich saß an einem Sonnabendnachmittag im Fanclubhaus des Jenaer Ernst-Abbe-Sportfeldes und nahm an der Ausbildung zum Fußball-Schiedsrichter teil. Auf Platz acht des Stadions sollte zur gleichen Zeit das Kreisligaspiel Jenapharm gegen Zwätzen II stattfinden. Der Schiedsrichter dieser Partie wusste vom Lehrgang und da ihm ein Assistent für das bevorstehende Punktspiel fehlte, kam er zu uns Auszubildenden, von denen vorher noch keiner je ein Spiel geleitet hatte. Er sprach mit dem Lehrgangsleiter und der gab mir vom Lehrgang frei und warf mich ins kalte Wasser des Kreisligaspiels.“ So schildert der jetzige Oberliga- und Obmann aller Schiedsrichter des Jena-Saale-Orla-Kreises, Tarik El-Hallag, seine Anfänge vor zehn Jahren. Da war er gerade einmal 14 Jahre alt. „Nun hatte ich ja logischerweise keine Klamotten mit und noch nie Schieds- oder Linienrichter gemacht.“ Doch vom Schieri bekam Tarik das Oberteil, vom Kollegen die Hose und Stutzen, das dann zwar etwas wie reingeborgt aussah, aber besser als in zivil. Raus ging`s auf die Wiese mit Fahnen zum Trockentraining. Ausballanzeige, Abseits, Ecke und Abstoß wurden geübt. Letztlich ging alles gut, Tarik El-Hallag hatte seine Feuertaufe bestanden.

Zuvor kam der heutige Student für Lehramt Englisch und Wirtschaft/Recht beim Nachwuchs-Fußballtraining beim SV Lobeda 77, wo er heute noch Mitglied ist, mit einem Mitspieler in einem Gespräch auf das Thema Schiedsrichter und der Jenaer mit ägyptischem Vater und deutscher Mutter war fortan interessiert. Es wurde mehr daraus als bloßes Interesse. Anfangs gab es zwar Spiele mit Problemen oder „unschönen“ Ereignissen, wie zum Beispiel wegen seiner Abstammung, aber ein Gedanke, deswegen aufzuhören, kam dem 1,98m-Mann nie. Ab und zu gab es deswegen schon mal einen Kommentar, aber „er interessiert mich nicht besonders“, gesteht er ehrlich ein.

Der Zeiger seiner Schieri-Laufbahn zeigte stetig nach oben. Seit der Saison 2019/20 ist der Bruder zweier jüngerer Geschwister in der Oberliga eingestuft und leitete bisher elf Partien. Als bisherige Höhepunkte nennt er selbst die Spiele in den Junioren-Bundesligen und aktuell der Regionalliga Nordost als Assistent. Auf 650 Einsätze als Schiedsrichter oder – Assistent kam der auch als Freizeitfußballer aktive Schiedsrichter bisher nach eigener Zählung. Gern geht der 83-Kilo-Mann aber auch mal privat Basketball spielen. In allen möglichen Spielklassen ist der großgewachsene Schwarzschopf als Schieri an jedem Wochenende im Einsatz. Zuletzt leitete er das Thüringenpokalspiel Gera-Westvororte gegen Rudolstadt oder war im Vorjahr auch beim 22. Internationalen Geraer BAMBINI-Cup im Einsatz. „Mit Leuten, mit denen ich mich privat gut verstehe, harmoniere ich meistens auch auf dem Platz im Team sehr gut“, sagt der junge Schiedsrichter.

Der Jenaer beschreitet aber auch mit seinen erst 24 Lenzen schon seit einigen Jahren den Funktionärsweg. Am vorläufigen Ende wurde er einstimmig im Dezember 2019 zum Vorsitzenden des Schiedsrichter-Ausschusses im KFA Jena-Saale-Orla gewählt. Sogar DFB-Lehrwart und Ex-Bundesliga-Schiedsrichter Lutz Wagner war da in Jena zu Gast und gratulierte dem neuen Obmann. Zuvor war Tarik, übrigens nicht der einzige Jenaer Schiedsrichter mit diesem Namen, seit 2015 im Lehrstab des Schieri-Ausschusses, ist seit 2018 Ausschussmitglied und war von 2017 bis Januar 2019 stellvertretender Lehrwart.

Nun ist er fast zwei Jahre der Chef des zweitgrößten Thüringer Schiedsrichter-Ausschusses. Und die Aufgaben sind nicht gering, die sieht ein Außenstehender gar nicht. „Hauptsächlich geht es darum, das große Ganze im Blick zu haben und Aufgaben zu delegieren,“ weiß der junge Mann. Nichtsdestotrotz bleiben natürlich genug andere Verantwortlichkeiten übrig, die dem Lobedaer spontan einfallen. „Kontakt zum TFV, Organisation der Lehrabende und Lehrgänge, Vereinswechsel, SR-Soll-Berechnung, Ausschusssitzungen, KFA-Vorstandssitzungen, Kontakt zu Vereinen, „Bearbeiten“ von Problemen bei SR-Themen“, das alles birgt mehr Aufwand in sich als man vermuten könnte. „Gleichfalls sehr wichtig ist es, einfach präsent zu sein“, will der Deutsch-Ägypter zusammen mit seinem Team die Richtung vorgeben, die er sich bei der Entwicklung in seinem Fußballkreis vorstellt und den Referees bei Problemen als Ansprechpartner dienen will.

Text und Fotos: Manfred Malinka

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